Solidarität muss wieder praktisch werden

Mit dem Wahlsieg von Syriza hat sich Griechenland gegen die Austeritätspolitik ausgesprochen. Doch obwohl die Kritik an der Sparpolitik auch unter Ökonomen und der OECD zunimmt, halten die konservativen Kräfte Europas stur an dieser zerstörerischen Politik fest, allen voran Deutschland. Es wird Zeit unseren Protest gegen diesen Idiotismus in aller Deutlichkeit auf die Straße zu bringen und zusammen mit Genoss_Innen aus ganz Europa die Eröffnung des neuen Sitzes der Europäischen Zentralbank (EZB) am 18. März in Frankfurt zu verhindern.

Die Finanzkrise hat Griechenland hart getroffen. Die Arbeitslosigkeit ist von 8,9 Prozent 2009, laut Gewerkschaften auf über 35 Prozent gestiegen. Dank der durch die Troika, bestehend aus EZB, internationalem Währungsfond und europäischer Kommission, vorgeschriebenen Reformen sind inzwischen 56 Prozent der Bevölkerung ohne Krankenversicherung. Armenküchen sind mit von dem immer größer werdenden Andrang von Bedürftigen überfordert. Die geforderten Privatisierungen haben zu einem Ausverkauf des öffentlichen Eigentums geführt und nur die Vermögen der Oligarchen weiter anwachsen lassen. Auch dass die Staatsverschuldung auf inzwischen 180 Prozent angestiegen ist, was deutlich höher liegt als 2009, lässt unsere Staatslenker kalt. Die erschreckende Parallele zur Weimarer Republik und der unrühmlichen Rolle Brünings wird ebenfalls geflissentlich ignoriert. Es war Brüning, bis 1932 Reichskanzler, dessen Sparpolitik zwar auch eine schwarze Null produzierte, aber mit half die Nazis an die Macht zu bringen. Als ob das Erstarken der extremen Rechten in ganz Europa nicht Warnsignal genug wäre.

Bislang scheint die „Griechenlandrettung“ nur daraus zu bestehen, dass französische und deutsche Banken, die Haupteigner von griechischen Staatsanleihen, refinanziert und die Schulden auf griechische Rentner, Arbeitnehmer und Bedürftige umgelegt werden. Unsere „schwäbische Hausfrau“ Schäuble glaubt mit seiner Haushaltsdisziplin das Patentrezept für eine vitale Wirtschaft gefunden zu haben. Der simple Grund aber, wieso man eine Volkswirtschaft nicht wie einen Betrieb managen kann, liegt darin, dass einem großen Außenhandelsüberschuss eine ebenso große Auslandsschuld gegenüber steht. Eine Lektion, die Schäuble von Varoufakis, immerhin ein renommierter Ökonom, hätte lernen können. Aber der Grieche soll die eigene Binnennachfrage ebenso abwürgen wie wir und sich auf den internationalen Standortwettbewerb einlassen. Auch wenn Europa daran zerbrechen sollte. Das ist die neoliberale Logik, die wir alle lieben gelernt haben. Der Arroganz der Macht ist mit Sachargumenten nicht beizukommen.

Insofern glauben wir nicht an eine Lösung, die dem parlamentarischen System entstammen könnte. Das Problem heißt Kapitalismus und kann nicht mit Reformen berichtigt werden. Der Kampf gegen die bestehenden Zustände muss weiterhin vor Ort in den jeweiligen Ländern stattfinden. Eine Großdemonstration oder erfolgreiche Blockade der EZB werden daran nichts ändern. Es bietet aber die Chance zu zeigen und zu erfahren, welche Stärke in einer europaweiten Solidarisierung liegt. Diese muss dann aber weiter gehen, sodass wir uns vernetzen und die Kämpfe der Genoss_Innen aktiv unterstützen. Die Zeit für die Revolution wird am 18. März noch nicht gekommen sein, aber dieser Tag wird vielleicht die Chance bieten für die Ausbildung europäischer Strukturen. Also verbünden wir uns mit unseren europäischen Freunden, denn wir kämpfen den gleichen Kampf, aber lasst uns das Danach nicht vergessen. Solidarität muss wieder praktisch werden.